Digitales Modell

Digitale Zwillingsstädte

Von Christin Hohmeier · 2019

Die Stadt der Zukunft ist ein Geschäftsmodell, das sich digital abbilden, simulieren und analysieren lässt. Hierzu bauen Ingenieure in den Computersystemen virtuelle Metropolen, anhand derer sie Prozesse, Verkehrsflüsse und Infrastrukturen steuern, analysieren und ständig verbessern.

Eine junge Frau plant digital einen Stadtbesuch über ihr Smartphone. Thema: Digitales Modell
Mit einem digitalen Zwilling kann die Stadt bis ins kleinste Detail geplant werden. Foto: iStock / Scharfsinn86

Das Geschäftsmodell der Stadt der Zukunft ist um ihren digitalen Zwilling herum gebaut. Dabei ist wichtig zu verstehen – ein digitaler Zwilling ist kein 3D-Bild. Viele verwechseln den digitalen Zwilling mit der Visualisierung eines CAD-Modells in einer Virtual-Reality-Welt. Sie glauben in diesem Kosmos spazieren zu gehen wie in einer Videospielwelt. Aber das ist viel zu kurz gedacht. Damit das Geschäftsmodell funktioniert, müssen die tatsächliche Welt und die virtuelle Welt miteinander verbunden werden. Die Daten aus der Realität erwecken den Zwilling in den Computersystemen zum Leben. 

Digitales Modell: Der Zwilling meldet Kosten, Sinn, Risiken

Die beste Methode zum Daten erheben und übertragen sind Sensoren und mobile Datennetze. Sie übertragen die Informationen aus der Stadt zur Verarbeitung in die Rechenzentren: Hier liefern die Systeme detaillierte digitale Modelle über die Abläufe und die Prozesse in der Stadt. Sie berichten über deren Kosten, Sinnhaftigkeit, Risiken: Energieverbrauch, Verkehrsfluss, baulicher Zustand von Brücken oder Straßen. Immer häufiger fließen auch Beschwerden oder Lob von Bürgern und Touristen ein, die über Onlineseiten gesammelt werden.

Die Konsolen der digitalen Städte geben den Ingenieuren und Stadtplanern die Möglichkeit, verschiedene Faktoren zu steuern und deren Feedback zu messen. Steigt die Zufriedenheit der Bürger, scheint das Geschäftsmodell „Stadt“ zu funktionieren. Und während sich europäische Ingenieure beim digitalen Nachbau der bestehenden Städte darauf konzentrieren, zunächst die Bauwerke und Infrastrukturen in den Computern abzubilden, arbeiten Stadtplaner in den boomenden Regionen Asiens umgekehrt. 

Sie sind gerade dabei ganze Großstädte als Computermodelle aufzubauen. Diese Modelle können sie mit unterschiedlichsten Daten füllen und zum Leben erwecken. Funktioniert die Stadt im Computer, wird sie als realer Zwilling in der wirklichen Welt erbaut.

Ein Zwilling hat viele Geschwister

Wichtig zu verstehen ist, dass es nicht einen digitalen Zwilling in den Systemen gibt. Tatsächlich wird von nahezu jedem Bauteil, von jeder Komponente, von jedem Bauwerk ein digitales Modell erstellt. Die Zwillinge selbst lassen sich dabei grob in drei Kategorien unterteilen:

Das kleinste Modell ist der Prototyp einer Komponente, eines Gebäudes oder eines Verkehrsweges. Ingenieure werden diese Komponenten in der virtuellen Welt modular zu einem Bauwerk, einem Quartier oder zu einer ganzen Stadt zusammensetzen. Dann simulieren sie das Zusammenspiel der einzelnen Bauteile. 

Die zweiten digitalen Zwillinge repräsentieren die mit Sensorik ausgestatteten Straßen, Bahnstrecken oder neu errichtete Gebäude, so wie sie tatsächlich gebaut wurden. Die virtuellen Modelle sind mit den dort flächendeckend verbauten Sensoren verbunden. Die Systeme nehmen ständig Daten entgegen, verarbeiten sie und bringen die virtuellen Komponenten auf den aktuellen Stand.

Und als dritte Zwillinge sind Gebäude oder Infrastrukturen in den Computersystemen gespeichert, die bereits vor einiger Zeit errichtet wurden. Sie sind nicht flächendeckend mit Sensorik ausgerüstet. In der realen Welt werden sie lediglich an den entscheidenden Stellen nachgerüstet. 

Lebenszyklus der Bauwerke verlängern

Zu bedenken gilt es auch, dass Bauwerke, Infrastrukturen und Komponenten unterschiedlich schnell verschleißen – etwa abhängig davon, wo sie in einer Stadt errichtet oder verbaut wurden. Deshalb gehören zu den Datensätzen der digitalen Zwillinge immer auch Randbedingungen wie: Steht eine Brücke am Meer? Steht sie in den Bergen? Wie viele LKW überqueren das Bauwerk pro Stunde? Das Wissen um die Belastung eines Bauwerks hilft bei Wartung, Instandhaltung und Gewährleistung. Damit werden die Lebenszyklus-Kosten der Bauwerke reduziert. Bevor Komponenten verschleißen, hält man sie vorsorglich in Stand. Dies ist auch ein Versprechen an Wirtschaft und Bürger, dass der Verkehr immer fließt und der Beweis, dass das Geschäftsmodell „Stadt“ funktioniert.

Quellen:
futureIoT: Digital twin concept spreads into smart city environments
Smart City Lab: Singapore experiments with its digital twin to improve city life
The Guardian: Newcastle's 'digital twin' to help city plan for disasters

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