Urban Mining

Die Stadt ist ihr eigenes Bergwerk

Von Christian Raum · 2018

Abbruchbagger in Bauschutt; Thema: Urban Mining
Foto: iStock/Arjuhani

Solange es Städte gibt, fließen die Werkstoffe für deren Bau und den Betrieb aus Minen und Industriebetrieben in die Metropolen. Doch in Zukunft werden Städte wichtige Rohstoffe in sich selbst finden. Aus den Gebäuden und Infrastrukturen der Vergangenheit werden die Werkstoffe für die Zukunft gewonnen.

Abbruchhäuser werden zu Minen, Straßen und Brücken zu Bergwerken und ausrangierte Rangierbahnhöfe zu bedeutenden Lieferanten von sogenannten „Sekundärrohstoffen“. Die Experten sprechen von „anthropogenen“ – also von Menschen gemachten Lagerstätten – und von der „Stadtschürfung“. Aus Sicht von Recycling­unternehmen und Entsorgungsbetrieben sind Metropolen gigantische Lagerstätten von Werkstoffen. Und diese Stoffe können sie relativ einfach abbauen. 

Die städtischen Minen sind im Wesentlichen Bauwerke, Straßen, Eisenbahnlinien oder Industriekomplexe. Die Zusammensetzung der Werkstoffe ist meistens unbekannt und schwankt sicherlich auch von Stadt zu Stadt. Doch auf Grund der bisherigen Erfahrungen gehen Wissenschaftler davon aus, dass meistens Baustoffe wie Steine oder Holz, Glas, Kies, Beton und Ziegel abgebaut werden. Darüber hinaus spielen Metalle eine wichtige Rolle. Gerade sie machen den urbanen Bergbau zu einem gewinnträchtigen Geschäftsmodell – Recyclingfirmen schürfen nach Stahl, Aluminium, Zink oder Kupfer. 

Kupferkreislauf symbolisiert die Stadt der Zukunft

Die schiere Masse der Rohstoffe schätzen Wissenschaftler der Universität Wien auf 350 bis 400 Tonnen pro Einwohner. Da die Nutzungsdauer von Bauwerken typischerweise über eine Zeitspanne von mehreren Jahrzehnten bis zu Jahrhunderten reicht, können viele dieser anthropogenen Lager allerdings nur im Jahrhunderttakt erschlossen und abgebaut, recycelt und wieder verbaut werden. 

Eine entscheidende Rolle innerhalb dieses Rohstoff-Gemisches scheint Kupfer zu spielen. Nach verschiedenen Schätzungen sei heute bereits mehr als zwei Drittel des auf der Erde verfügbaren Kupfers in Gebäuden und Infrastrukturen, in Maschinen und Fahrzeugen verbaut. 

Da die Wiederverwertung ohne Qualitätsverlust möglich ist, gilt der Abbau von Kupfer innerhalb der Städte als Goldgrube. So steht das Metall beispielhaft für die Wertstoff-Kreisläufe der Zukunft: Kupferrohre werden zu Fassaden, Fassaden zu Kabeln und die Kabel wandeln sich in eine Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität.

Urban Mining: Kosten und Wirtschaftlichkeit

Die größten Kostenfaktoren bei der Wiederverwertung sind die Energie und das Sortieren der Rohstoffe – vor allem der Stoffe, die in komplexen Produkten verbaut wurden. So sind die Rohstoffe aus einer alten Bahnstrecke sehr einfach zu recyceln. Das Schürfen von Werkstoffen in Elektronikgeräten wie Smartphones, Bildschirmen oder Radios, ist um ein vielfaches aufwändiger.

Und hier stoßen die innerstädtischen Bergbauer an ihre Grenzen. Das Wiederverwenden von bestimmten Metallen und Werkstoffen gilt in der Industrie als „weit entfernt von jeder Wirtschaftlichkeit“ – hierzu zählt die Lithiumgewinnung aus Smartphone-Akkus. 

Um dieses unwirtschaftliche Wiederverwerten in ein Geschäftsmodell zu wandeln, solle die Politik in Forschung und Entwicklung investieren, fordert die Industrie. Denn je höher die Mittel für die Erforschung des urbanen Bergbaus seien, desto mehr Ressourcen könnten gefunden, abgebaut und neu genutzt werden.

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