Smart-City-Konzepte

Gemeinsam an der neuen Stadt bauen

Von Christian Raum · 2021

Städte sind komplex und die Herausforderungen in ihrer Gesamtheit für die Verantwortlichen nicht zu überschauen; die Zahl der Variablen nahezu unendlich. Für Organisation, Verwaltung, Umweltschutz oder auch Verkehrsplanung stehen in einer historisch wahrscheinlich einmaligen Chance mit der Digitalisierung neue Werkzeuge und Technologien zur Verfügung.

Digitales Spiegelbild einer Stadt. Thema: Smart-City-Konzepte
Kommunen bauen in den Clouds ein digitales Spiegelbild ihrer Städte. Foto: iStock / metamorworks

Für viele Stadtplaner steht es außer Frage, dass Städte nur dann funktionieren können, wenn Bürger, Verwaltung und Wirtschaft gemeinsam die Stadt errichten und sich an ihrem Erfolg beteiligen. Vor dem Hintergrund der Fördermilliarden des Bundes bietet die Digitalisierung hierfür einen historisch möglicherweise einmaligen Einstieg. Denn mit den Smart-City-Konzepten haben die Städte nicht nur das Potential, alle Bürger und Organisationen am Bau der gemeinsamen Lebenswelt zu beteiligen. Sie kann auch Komplexität und Herausforderungen der Kommune erfassen und verarbeiten, die erforderlichen Maßnahmen analysieren und umsetzen. Die Stadt soll von Menschen für Menschen geformt sein und dafür bedarf es einer Infrastruktur, die Technik und Wissen in den Dienst der Bürger, der Verwaltungen und auch der Unternehmen stellt. Diese Fundamente einer Stadt müssten um Datennetzwerke, Sensoren, künstliche Intelligenz und Analysesysteme erweitert werden. Und das immer mit dem Ziel, das Gemeinwohl voranzubringen.

Digitalisierung für die Bürger

In den meisten Kommunen und Städten gilt deshalb Digitalisierung als Chefsache – die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben sie auf ihrer persönlichen Agenda stehen. Ihre Motivation sei höchst unterschiedlich, berichtet ein Experte. Einige Bürgermeister hätten großes Interesse an digitalen Themen und an der zeitgemäßen Entwicklung ihrer Stadt. Andere hätten ihren Wählern Versprechen gemacht, die sie mit digitalen Technologien umsetzen wollen – Nachhaltigkeit und Umweltschutz, die Verkehrssteuerung oder die Anbindung der Stadt an weltweite Handelswege. Und dann gebe es natürlich auch die Stadtoberen, die einfach fürchten, den Anschluss an die moderne Zeit zu verlieren. Egal welcher Herausforderungen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister begegnen – die Realisierung läuft zum größten Teil über ihren Schreibtisch. In den meisten Fällen haben sie Digitalisierungsverantwortliche eingesetzt, die ihnen als Referenten zugeordnet sind. Typischerweise gebe es aber nicht eine einzelne Marschrichtung für die Umsetzung der Smart City. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Verantwortlichen mit verschiedenen Projekten starten und nach und nach neue Lösungen in Auftrag geben oder die Erweiterung der Systeme abrufen.

Daten sind häufig Verhandlungsmasse

Obwohl die Entscheider rund um ihre Digitalisierungsprojekte großen Wert auf Transparenz und Mitbestimmung legen, geschieht vieles im Abseits und ohne öffentliche Diskussion – was anscheinend damit begründet werden kann, dass die Digitalisierungsverantwortlichen eine wichtige Rolle auch als interne Dienstleister haben. Vor ihnen liegt die Herkulesaufgabe mehrere tausend papierbasierte Geschäftsprozesse zu analysieren und darauf zu prüfen, ob hier die Digitalisierung und auch die Automatisierung möglich ist. Und sie müssen sich gegen die Kritiker der Smart-City-Projekte verteidigen. Deren Einwände und Sorgen drehen sich in erster Linie um die Verwendung der Daten der Bürger – häufig hören Bürgermeister und Verwaltung den Vorwurf des Ausverkaufs und der unrechtmäßigen Weitergabe an Konzerne und Onlinemonopolisten. Da diese Unternehmen in vielen Bereichen entscheidende Geschäftspartner sind, weisen Kritiker auf den Interessenskonflikt hin: Um sich für diese Unternehmen attraktiv zu machen, würden Verwaltungen Bürgerrechte aufgeben und mit Daten handeln. „Damit stellen sie genau die demokratische Teilhabe in Frage, die sie als Verantwortliche den Bürgern als Vorteil der digitalen Stadt versprechen“, empört sich ein Datenschützer. Es sei fraglich, ob im Spannungsfeld zwischen dem erhofften Marktpotenzial der Stadt und dem Schutz der Bürger und deren Daten konkrete positive Veränderungen zu erwarten sind, heißt es in einer Studie.

Smart-City-Konzepte planen

Dieses Spannungsfeld wird mit großer Resonanz und vielen Widersprüchen im Internet, auf Foren und Konferenzen diskutiert. Bei dem grundsätzlichen Design der digitalen Stadt, entscheiden die Verantwortlichen, wie weit sie auf die weltweiten Datenkonzerne zugehen wollen. Oder inwieweit sie es vorziehen, die eigenen Ressourcen in die Realisierung ihrer Smart City mit einzubeziehen. Viele Großstädte haben hier einen guten Stand. Die Digitalisierungsbeauftragten können auf das Wissen von Forschung und Hochschulen zugreifen. Mit den ansässigen Unternehmen setzen sie digitale Projekte in Bereichen wie Verkehr, Elektromobilität, Automation oder Bürgerbeteiligung um. „Das Ziel der Bürgermeister ist es, Neugründungen von Unternehmen aus den Hochschulen oder den ansässigen Betrieben heraus zu unterstützen und auch zu fördern“, sagt ein Digitalisierungsbeauftragter aus Süddeutschland. „Es gibt immer den Traum, dass in einem Projekt ein Start-up geboren wird, das sich zu einer weltweiten Erfolgsgeschichte entwickelt.“ In diesen Städten des Wissens arbeiten die Smart-City-Architekten mit Open-Data-Konzepten, mit Datenplattformen, in die sich alle Anwendungen und Datenspeicher integrieren. Wie im Lehrbuch der Stadtplanung werden Universitäten, Wirtschaftsunternehmen und Bürger zu Akteuren einer erfolgreichen Kommune.

Probleme der Digitalstadt

Quelle: Bitkom Research, 2020

Doch weltweite Konzerne locken die Städte mit ihrem riesigen Angebot aus Datensätzen und Informationen – dazu gehören Social-Media-Plattformen, Portale für Hotelreservierungen, die Vermittler von Mobilitäts-Dienstleistungen und auch Anbieter von digitalen Straßenkarten. Sie können dem Stadtmarketing beispielsweise detailliert darüber Auskunft geben, wie viele Touristen in die Stadt kommen und wie diese Besucherströme durch Europa fließen. Sie kennen die Namen der weltweit bekanntesten Imbisse oder Feinschmeckertempel der Metropole und die am häufigsten besuchten Hotels. Alle diese Informationen werden die Städte aus eigenen Ressourcen wie etwa den Statistikabteilungen nur sehr schwer ermitteln können. Es sind aber Antworten auf wichtige Fragen der Stadtentwicklung, die mit einem Mausklick bereitstehen – häufig allerdings im Tausch gegen Daten, die diese Datenhändler ihrerseits so nicht erheben können. Im Gespräch möchten Bürgermeister oder die Digitalverantwortlichen diese enge Zusammenarbeit mit den Onlinegiganten nicht einräumen. Doch sei es durchaus üblich „Angebote von Onlineplattformen, die einen interessanten Service für einen Teilbereich der Digitalisierung bieten, zu nutzen.“ Hierfür mache man eine Ausschreibung, die der beste Anbieter gewinnt.

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